Frankreich will in Ruanda eingreifen

■ Paris fordert schnelle Blauhelmstationierung und mögliche anschließende Militärintervention / Schutz der „von Auslöschung bedrohten Gruppen“

Paris/Tunis (AFP/AP/taz) – Angesichts der anhaltenden Massaker in Ruanda erwägt Frankreich eine Militärintervention in dem zentralafrikanischen Land. Außenminister Alain Juppé kündigte am Mittwoch abend in Paris an, Frankreich sei unter bestimmten Bedingungen zu einem Eingreifen in Ruanda bereit, um „die von Auslöschung bedrohten Gruppen in Ruanda“ zu schützen. In einem Zeitungsbeitrag schrieb er, es sei keine Zeit mehr, „tatenlos die Massaker zu beklagen“.

Ein Teil der derzeit noch 18.000 UN-Blauhelme in Somalia könne rasch in die ruandische Hauptstadt Kigali verlegt werden, falls der am Mittwoch vereinbarte Waffenstillstand nicht eingehalten werde. UN-Generalsekretär Butros Butros Ghali habe diesem Vorschlag im Grundsatz bereits zugestimmt. Die Umsetzung werde am UNO- Sitz in New York beraten. Falls dies nicht ausreiche, sei Frankreich gemeinsam mit seinen europäischen und afrikanischen Partnern zur Intervention bereit, bekräftigte Juppé gestern.

In Regierungskreisen in Bonn hieß es gestern, eine deutsche Beteiligung an einer Militärintervention komme weiterhin nicht in Frage. Auch Belgien und Großbritannien reagierten zurückhaltend auf den Vorschlag. RPF-Vertreter Jacques Bihozaga sagte unterdessen im belgischen Fernsehen, Frankreich dürfe sich nicht einmischen. Es sei drei Jahre lang mit Truppen in Ruanda präsent gewesen und habe die Massaker dadurch auch nicht verhindern können. Juppé wies gestern die RPF- Vorwürfe, Frankreich unterstütze die Regierungstruppen, zurück und verlangte in seinem Zeitungsbeitrag, die Verantwortlichen für den „Völkermord“ in Ruanda vor ein internationales Gericht zu stellen. Der französische Außenwirtschaftsminister Gerard Longuet meinte, daß ein militärisches Eingreifen in Ruanda von Dauer sein müsse. „Wenn man dort hingeht, muß man auch bleiben“, sagte Longuet.

Der französische Vorstoß folgt auf die am Mittwoch am Rande des Gipfeltreffens der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) in Tunis getroffene Waffenstillstandsvereinbarung zwischen Ruandas Regierung und der Rebellenbewegung RPF, die in den letzten Tagen militärische Erfolge gegenüber den für die Massaker veranwortlichen regierungstreuen Truppen erzielt hat. Die am Wochenende von der RPF gemeldete Einnahme des Regierungssitzes Gitarama war am Mittwoch auch von der UNO bestätigt worden. Nach mehreren Stunden Feuerpause kam es gestern jedoch in der zwischen beiden Seiten geteilten ruandischen Hauptstadt Kigali zu neuen Gefechten, allerdings weniger intensiv als zuvor. Offensichtlich ist fraglich, inwiefern die Soldaten vor Ort Anweisungen ihrer Führungen befolgen.

Zaires Präsident Mobutu Sese Seko sagte gestern in Tunis, bei weiteren Kämpfen seien neben Frankreich auch andere Staaten zum militärischen Eingreifen bereit. Er glaube aber, daß die RPF und die Regierungstruppen die Waffenruhe einhielten.